Normandie II






Zwei Jahre nach meiner Tour durch die Basse-Normandie nehme ich die Haute-Normandie unter die Räder. Im Juli 2019. Diesmal habe ich größeres Glück mit dem Wetter: relativ wenig Wind, viel Sonne und angenehme Temperaturen um die 24 °C.



Ein Stück Picardie und Île-de-France sind auch mit dabei. Ich starte in der Kleinstadt Péronne, fahre ins Vallée de l'Oise und biege kurz vor Paris ins Vallée de la Seine ab. Hier liegen die großen kulturellen Highlights: Compiègne, Chantilly, Giverny, Rouen und Jumièges. Von Le Havre geht's dann entlang der Côte d'Albâtre zur Baie de Somme und von dort über Amiens zurück nach Péronne. Kilometer: 750. Höhenmeter: 4.320.





Tag 1. Ich folge dem Canal du Nord, der die Somme mit der Oise verbindet. Easy Riding bei bestem Wetter!





Mittagspause in Noyon. Das kleine Städtchen liegt bereits an der Oise. Hier wurden Karl der Große gekrönt (im Jahr 786) und der Reformator Jean Calvin geboren (am 10. Juli 1509). Hauptsehenswürdigkeit ist die von 1150 bis 1290 errichtete Cathédrale Notre-Dame.





Dann geht es in den Wald hinein. In den von Compiègne, wo am 11. November 1918 der Erste Weltkrieg beendet wurde - in einem Eisenbahnwaggon auf der "Lichtung des Waffenstillstands".




Den Originalwaggon haben die Nazis später verbrannt, weil Deutschland damals schmachvoll kapitulieren musste. Das Mobiliar hatten die Franzosen jedoch in Sicherheit gebracht, so dass es heute noch zu sehen ist - als Mahnmal des Friedens und der Völkerverständigung.




Der Wald von Compiègne ist von einem gepflegten Radwegenetz durchzogen ...



… und von einer Reihe schöner Dörfer. Saint-Jean-aux-Bois heißt dieses hier.




Hoch über allem thront das Château de Pierrefonds, eine ursprünglich aus dem Mittelalter stammende Schlossanlage, die sich Napoleon III. im 19. Jahrhundert zur prachtvollen Privatresidenz umbauen ließ.




Nicht weit entfernt: die Kathedrale von Senlis. Ein Musterbeispiel des Übergangs von der Hochgotik zum spätgotischen Flamboyant-Stil. Man beachte den gemütlichen Garten im Vordergrund!




Und schließlich Chantilly. Das prachtvolle Schloss aus dem 16. Jahrhundert zählt zu den bedeutendsten Sehenswürdigkeiten Frankreichs …







… und beherbergt mit dem Musée Condé eine der größten privaten Kunstsammlungen der Welt.


Nach so viel Kultur tut es gut, mal wieder länger auf dem Rad zu sitzen. Auf schmalen Radwegen und Treidelpfaden geht es weiter der Oise entlang ...


… und dann zur Seine, die sich in der Nähe von Paris noch hinter Hausfassaden versteckt, dann aber als recht schöner Fluss in Erscheinung tritt.






Giverny. In dem kleinen Straßendorf am Ufer der Seine hat von 1883 bis zu seinem Tod im Jahr 1926 der Maler Claude Monet gelebt. Schon am frühen Morgen stehen Heerscharen von Touristen an, um sein Wohnhaus und Atelier zu besichtigen ...



… und natürlich die berühmten Seerosenteiche, die er wieder und wieder auf die Leinwand gebracht hat. Ein schöner Ort, wenn er nur nicht so überlaufen wäre.



Auf halber Strecke zwischen Paris und Rouen wird es dann richtig idyllisch. Sanft dahinfließendes Wasser, verfallene Brücken, Fachwerkhäuser … Dieses hier, eine ehemalige Mühle, steht in der Nähe von Vernon.



Rund um den pittoresken Ort Les Andelys wird das üppig-grüne Plateau de la Seine durch weiße Kalkfelsen unterbrochen. Das ist der landschaftlich schönste Abschnitt des Seine-Tals.




Rouen. Auf den ersten Blick keine besonders attraktive Stadt. Der Zweite Weltkrieg hat vieles zerstört.





Aber eines hat Rouen: eine wunderschöne Kathedrale! Ihre Fassade zählt zu den schönsten Kirchenfassaden Europas. Viele Künstler haben sie gemalt, darunter auch Claude Monet. Das hier aber ist kein Gemälde, sondern eine gigantische Lichtprojektion, die in den Sommermonaten an jedem Abend zu sehen ist. Unbedingt anschauen!




Ich nehme nicht jede der zahlreichen Seine-Schleifen mit, sondern quere auch schon mal einen der Hügel. Die Anstiege sind oft ruppig, aber nie lang. Zur Belohnung gibt es meist einen schönen Ausblick.



Dieser hier ist besonders schön. Er zeigt die ehemalige Benediktinerabtei Saint-Martin-de-Boscherville. Einst eine der bedeutendsten Abteien der Normandie, heute ein bestens gepflegtes Kulturdenkmal.




Auf eine ganz andere Weise schön: die Ruinen der bereits im 7. Jahrhundert gegründeten Abbaye de Jumiéges. Bis zu den Religionskriegen des 16. Jahrhunderts war sie eines der größten Klöster Frankreichs.





Auch schön? Eine Frage des Geschmacks. Die Hafenstadt Le Havre wurde nach dem Krieg völlig neu aufgebaut. Weiträumig, geometrisch, ganz und gar aus Beton geformt. Einer, der daran mitgewirkt hat, war der Architekt Oscar Niemeyer, der auch die Retortenhauptstadt Brasilia entworfen hat.





Endlich: das Meer! Hier, bei Ètretat, zeigt es sich von seiner schönsten Seite.





Dank seiner bizarr geformten Kreideklippen hat sich der kleine Ort zum beliebtesten Seebad an der Côte d'Albâtre entwickelt.





Etwas lieblicher: Pourville-sur-Mer. Hier haben sich immer wieder Maler getummelt. Eines ihrer beliebtesten Motive war die hoch über den Klippen liegende Kirche Saint-Valéry.






So hat sie Georges Braque (1882-1963) gesehen. Sein Grab befindet sich auf dem kleinen Friedhof gleich neben der Kirche.





Eine etwas größere Stadt ist Le Tréport. Hier sammle ich noch mal ein paar Höhenmeter und verlasse dann die Normandie.





Die Baie de Somme gehört bereits zur Picardie. Im Hintergrund ist das Fischerdorf Le Crotoy zu erkennen, in dem ich bereits auf einer früheren Tour Halt gemacht habe.




Ab jetzt gibt es keine größeren Steigungen mehr. Ich folge Somme-Radweg zurück ins Landesinnere.




Letzter Halt: Amiens. Hier wartet abermals eine großartige Kathedrale auf mich. Der von 1220 bis 1288 errichtete Bau besitzt das höchste Mittelschiff aller französischen Kathedralen (42,30 m) und hat als Vorbild für den nur wenige Jahre später begonnenen Kölner Dom gedient. - Von hier ist es nur noch eine halbe Tagesetappe bis Péronne, dem Start- und Zielpunkt dieser Tour.

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