Schweiz I: Alpen

 

Natürlich: die Schweiz ist nicht gerade anspruchslos. Aber sie verfügt über ein erstaunlich gut ausgebautes Radwegenetz und belohnt jeden Aufstieg mit spektakulären Aussichten und dem Gefühl im schönsten Land Europas unterwegs zu sein. So habe ich mich im Sommer 2007 in die Alpen gewagt.

Meine Route: Vom Bodensee hinauf ins Engadin, über St. Moritz weiter zu den großen Seen und ins Tessin, dann ins Wallis und nach Lausanne. Nach einer kurzen Bahnfahrt schließlich noch von Reinach im Kanton Aargau zurück an den Bodensee. Strecke mit dem Rad: 912 km. Höhenmeter: 13.686 m.

Schon am ersten Tag sammle ich kräftig Höhenmeter: vom Bodensee hinauf zum "Fünfländerblick". Der Name stammt aus einer Zeit, in der tatsächlich fünf eigenständige Länder zu sehen waren: die Schweiz, Österreich, Bayern, Württemberg und Baden. Heute sind es nur noch drei.


Durch ein viertes komme ich am nächsten Tag: Liechtenstein. Das kleine Fürstentum ist schnell durchquert, zumal ich auf dem Rheinradweg nahezu ohne Steigung dahingleiten kann. Das aber wird sich schnell wieder ändern.

Schon am Nachmittag geht es ins "Heidiland" hinauf. In dem kleinen Weinort Jenins gefällt es mir so gut, dass ich spontan im Gasthaus "Zur Traube" absteige und mir ein "Viertele" gönne.

Der nächste Tag hat es in sich: ich klettere ins 1.205 m hoch gelegene Klosters hinauf und nehme den Zug durch den Vereina-Tunnel, um auf der anderen Seite des Alpenhauptkamms erstmal auf schlechtes Wetter zu stoßen. Das Thermometer zeigt hier in Ardez gerade mal 8 °C an. Im August, wohlgemerkt!

Die Finger sind klamm, die Beine müde, und doch ist das Engadin ein Erlebnis. Denn die alte Bergstraße, der ich folge, ist kaum befahren, und die dicken Wolken geben immer wieder den Blick auf frischgepuderte Dreitausender frei.

Aber der Schweizer Sommer kann noch mehr. Am nächsten Morgen ist sogar der Talboden schneebedeckt. Dennoch wage ich es, einen der schönsten Alpenpässe in Angriff zu nehmen: den Bernina.

Der kleine rote Streifen in der Mitte des Bildes: das ist der berühmte Bernina-Express. Mit ihm fahre ich später wieder zurück. Doch erstmal gilt es den 2.235 m hohen Pass zu erklimmen und wieder hinunter ins italienische Tirano (429 m) zu fahren. Das erste Highlight dieser Tour!

Am nächsten Tag überwiegt dann wieder das Grün. Ich bin in St. Moritz, diesem etwas unterkühlten und völlig überteuerten Nobel Resort, an dem mir vor allem seine atemberaubenden Bergkulisse gefällt.

Über den Majolapass (1.812 m) gehts weiter ins Bergell. Für mich eines der schönsten Alpentäler, zumal einer meiner Lieblingskünstler hier zuhause war: Alberto Giacometti. Der Besuch seines Grabes im kleinen Ort Stampa ist Ehrensache. 

Vom Bergell ist es nicht mehr weit bis zum Lago di Como. Hier ist es wieder sommerlich warm. Ich folge der pittoresken Uferstraße, wühle mich durchs lebhafte Chiasso und erreiche den nächsten See ...

... den Lago di Lugano. Eine kleine Erholungspause für meinen arg strapazierten Geldbeutel, bevor es wieder zurück in die teure Schweiz geht ...

... nach Ascona am Lago Maggiore. 30 °C zeigt das Thermometer hier an. Zeit, wieder in die kühleren Berge zu kommen - und zum nächsten Highlight dieser Tour.



Rasa. Das kleine Bergdorf im Centovalli ist kaum bekannt, zumal es nur über eine Seilbahn und einen gewundenen Fahrweg erreicht werden kann. Die meisten Häuser stehen leer. Aus den anderen wurde das von einer christlichen Studentenvereinigung getragene Gästehaus "Camporasa". Geheimtipp!

Dort steige ich ab und lerne eine so nette Gruppe kennen, dass ich glatt noch eine zweite Nacht bleibe und mir Zeit für eine kleine Wanderung durch die Tessiner Bergwelt nehme. Danach gehts wieder aufs Rad. Noch ein Stück durchs Centovalli und dann durch den Simplontunnel ...

... ins Rhonetal (hier bei Leuk). Dem folge ich zunächst hinauf ins oberwallisische Goms, um eine ganz großartige Bergtour zu unternehmen. Denn es ist Kaiserwetter angesagt!

Ich erklimme das Eggishorn (2.927 m).

Der Ausblick von hier oben ist überwältigend. Er reicht von dem Dreigestirn Jungfrau (4.158 m), Eiger (3.967 m) und Mönch (4.107 m) über den gesamten Aletschgletscher, der vom Konkordiaplatz bis zur letzten Gletscherzunge 22 km misst.

Auch der Abstieg über den Bettmergrat bietet großartige Ausblicke.

Zum Beispiel auf das Matterhorn (4.487 m) und das Weißhorn (4.506 m), das seinem Namen an diesem Tag alle Ehre macht.

Ziel der Wanderung ist das kleine Bergdorf Bettmeralp (1.970 m). Von hier nehme ich die Seilbahn ins Tal hinunter. 


Dann sitze ich wieder auf dem Rad und lasse es ganz entspannt das Rhonetal hinunterrollen.

Die Obsternte ist bereits in vollem Gange. Und es ist wieder angenehm warm. Genussradeln pur!

Erst am Genfer See ziehen wieder Wolken auf. Aber auch die haben ihren ganz eigenen Reiz.

Kurz vor Lausanne kehrt die Sonne dann auch schon wieder zurück. Hier steige ich in den Zug, um noch ein befreundetes Ehepaar im Kanton Aargau zu besuchen, Elisabeth und Thomas.

Und was tut man, wenn man Schweizer besucht? Genau: man geht in die Berge. Die beiden bringen mich zu einem Klettersteig in der Nähe von Engelberg.

Hier schau ich noch fröhlich drein. Später bringt mich die Kletterei dann schon etwas an meine Grenzen. Ich bin halt ein Radfahrer und keine Gemse.

Auf dem Rückweg besuchen wir noch Wilhelm Tell (in Altdorf) und krönen den Tag mit einem - wie sollte es anders sein - original Schweizer Raclette. So gestärkt fahre ich dann am nächsten Tag weiter in Richtung Bodensee.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen