Fryslan-Overijssel


Eine Spritztour durch die Niederlande. Im Frühjahr 2019. Kurz entschlossen, für gerade mal drei Tage. Von Harlingen in der Provinz Fryslan nach Zutphen in der Provinz Overijssel. Strecke mit dem Rad: 307 km. Höhenmeter: 745 m.


Ich lasse mein Auto in der Nähe des Zutphener Bahnhofs stehen und fahre mit dem Zug nach Harlingen hinauf. Das geht schnell und unkompliziert, die Mitnahme des Rades kostet gerade mal 6 Euro. So kann ich schon nach wenigen Stunden mein erstes Matjesbrötchen essen.


Harlingen ist ein schönes Städtchen. Nicht nur an der Waterkant, sondern auch im Zentrum. Gerade recht, um noch ein wenig herum zu schlendern und den Alltag hinter sich zu lassen. Kleiner Tipp: das Eetcafé Noitgedacht, ein sehr gemütliches Restaurant mit gutem Essen und ausgesprochen freundlichem Personal.


Am nächsten Morgen geht's dann aufs Rad. Bei herrlichem Sonnenschein, aber auch ziemlich kräftigem Gegenwind - obwohl ich zunächst in Richtung Osten fahre.


Ich folge der Waddenzeeroute, mal vor, mal hinter, mal auf dem Deich. Außer mir ist keine Menschenseele unterwegs. Nicht mal ein Schaf.


Ein Berg, ein Berg! 8,80 m ist er hoch, gekrönt von einer Kirche. Es handelt sich um Hegebeintom, die höchste Warft (aufgeschütteter Siedlungshügel) der Niederlande.


Dann kündigt sich eine richtige Stadt an: Dokkum. Hier wurde im Jahr 754 der Missionar Bonifatius ermordet, der "Apostel der Deutschen". Ein gefährliches Pflaster also ...


... aber auch ein wunderschönes. Das Stadthuis aus dem 17. Jh., die Plätze, Wälle und Grachten: alles ist aufs Feinste herausgeputzt.


Von nun an gehts in Richtung Süden und aus dem kräftigen Gegenwind wird ein nicht mehr ganz so nerviger  Seitenwind.


Am späten Nachmittag bin ich in Leeuwarden, der Hauptstadt der Provinz Friesland. Die 125.000-Einwohner-Stadt war 2018 Kulturhauptstadt Europas und besitzt seitdem ein paar (für die Niederlande recht untypische) Wolkenkratzer ...


... aber auch das ein oder andere beeindruckende Kunstwerk wie diese Skulptur gleich vor dem Hauptbahnhof: ein Junge und ein Mädchen. Sie scheinen einander anzuschauen, doch ihre Augen sind verschlossen. Um ihre Köpfe steigt Nebel auf. Mal mehr, mal weniger (Jeaume Plensa, Love, 2018).

Die nächste Tagesetappe ist eine lange: 137 km. Anfangs folge ich der Elfstedenroute, die dem Verlauf der legendären Elfstedentocht folgt, jenes 255 km langen Eislaufrennens über zugefrorene Kanäle, Flüsse und Seen, das aufgrund des Klimawandels 1997 zum letzten Mal durchgeführt werden konnte.

Kleine Abwechslung: eine Fähre, nur für Radfahrer und Wanderer. Zur Selbstbedienung: man muss lediglich kräftig an einer Kurbel drehen.


Blauer Himmel, weiße Wolken, grüne Weiden und gelegentlich mal ein Haus und ein paar Kühe: so sieht Fryslan im Landesinneren aus.

Diese Häuser sehen irgendwie anders aus. Es sind die reetgedeckten Häuser einer Torfschneiderfamilie. Sie stehen im Nationalpark Weerribben-Wieden, der die größte Sumpflandschaft Westeuropas schützt.

Das eigentliche Highlight aber ist hier die Natur: ein wunderschönes Geflecht aus Moor- und Feuchtwiesen, Schilfgebieten, Sumpf- und Bruchwäldern.

Ziemlich erschöpft erreiche ich das an der Mündung der Ijssel gelegene Städtchen Kampen und übernachte - wie passend - in einer Theologische Universiteit. In dem chicken kleinen Hotel wurde offensichtlich mal Theologie studiert.

Am dritten und letzten Tag folge ich dem Lauf der Ijssel. Zunächst nach Zwolle, Hauptstadt der Provinz Overijssel.

Weiter südlich liegt Groot Hoenlo, eines von vielen (in Privatbesitz befindlichen) Schlössern. Harry Mulisch hat hier eine Zeit gelebt und seinen Roman "Die Entdeckung des Himmels" geschrieben.

Die nächste Stadt: Deventer. Der markante Kirchturm gehört zur Lebuniuskerk, die an den gleichnamigen angelsächsischen Missionar erinnert, der hier bereits im 8. Jh. wirkte.

Noch 20 km auf der Ijssel Fietsroute, dann bin ich wieder in Zutphen und am Ende meines kleinen Ausritts.

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