Kenia / Tansania

Sommer 2022. Mit dem Fahrrad durch Kenia und Tansania. Von Nairobi nach Sansibar sollte es gehen. Doch in Afrika sind Pläne das eine und die Widrigkeiten des Alltags das andere. So ist es "nur" eine Tour von Nairobi nach Arusha geworden - mit zwei kleinen, aber feinen Add-ons

Das Ganze im Überblick: mit dem Fahrrad von Nairobi nach Arusha, dann Add-on 1: mit dem Auto einmal um den Kilimanjaro und Add-on 2: eine Safari durch den Tarangire National Park, den Ngorongoro-Krater und die Serengeti. Strecke mit dem Rad: 293 km. Höhenmeter: 2.070 m.

Mein ursprünglicher Plan ist nicht aufgegangen, weil ich am Stadtrand von Nairobi überfallen und ausgeraubt worden bin. Eine Vorderrad-Packtasche und der gesamte Inhalt der Lenkertasche sind weg (Kamera, Smartphone, Kreditkarte, Bargeld ...).

Immerhin mein Reisepass und eine zweite Bankkarte sind mir geblieben, so dass ich die Tour nicht gleich abbrechen muss. Ich hebe etwas Geld ab, besorge mir ein Budget-Smartphone, kaufe ein paar Bananen ... und fahre weiter.

Zwei Tage später bin ich in Namanga und passiere die Grenze von Kenia nach Tansania. Vor und hinter dem kleinen Ort stauen sich marode LKW, die auf ihre Abfertigung warten. Bei mir dauert das Ganze nicht mal eine halbe Stunde.


Dann bin ich in Tansania und die Landschaft wird zunehmend schöner. Hier fahre ich auf den 2.637 m hohen Mount Longido zu - seltsamerweise mit immer weniger Kraft und immer kürzerem Atem. Ich werde doch nicht ...?

Oh, doch! Ein Schnelltest in Longido bringt es zutage: ich habe mir das Corona-Virus eingefangen - mit allem, was dazu gehört: Husten, Fieber, Kopfschmerzen ... So ist eine erste Planänderung nötig: statt zum Kilimanjaro, fahre ich nach Arusha.


Arusha ist keine schöne Stadt, aber ein wichtiger Dreh- und Angelpunkt. Hier treffe ich Jan, einen Deutschen, der seit Jahren in Tansania lebt. Wir sind über einen gemeinsamen Bekannten in der Radreiseszene in Kontakt miteinander gekommen.

Nach einem gemütlichen Abendessen lädt mich Jan zu einem Ausflug mit seinem Auto ein. Zu eben jener Kilimanjaro-Umrundung, die ich eigentlich mit dem Rad machen wollte. Das Virus schreckt ihn dabei nicht. Es gehört in Tansania zum Lebensalltag wie bei uns ein gewöhnlicher Grippeerreger.

Die knapp 300 km lange Straße rund um den Kilimanjaro ist nicht durchgängig asphaltiert. An Stellen wie diesen hätte ich auf dem Fahrrad ordentlich zu kämpfen gehabt, ganz zu schweigen von den Höhenmetern.

Aber die Mühe hätte sich gelohnt. Am nächsten Morgen zeigen sich die beiden Gipfel des Kilimanjaro in einem herrlichen Morgenrot. Links der 5.148 m hohe Mawesi, rechts der 5.895 m hohe Kibo. Sein Gletscher, der "Schnee am Kilimanjaro", ist nur von der anderen Seite zu sehen.


In den Foothills des Kilimanjaro leben die Chagga. Ein bantusprachiges Volk, das vorwiegend Ackerbau betreibt (Kaffee, Bananen, Mangos, Papaya ...) und für sein Mbege bekannt ist, ein aus Bananen gebrautes Bier.

Der Ausflug mit Jan hat mir gut getan. Aber ich fühle mich immer noch zu schlapp, um wieder aufs Rad zu steigen. Also buche ich kurzerhand eine Safari ... 

... und habe großes Glück: mit von der Partie sind sechs ausgesprochen nette Menschen. Zwei Niederländer, zwei Norweger, der Fahrer Ian und der Koch Godi. Wir verstehen uns auf Anhieb gut.


Es geht zunächst in den Tarangire National Park, ein Schutzgebiet mit einer ausgesprochen hohen Großtierdichte. Zebras, Gnus, Impalas, Büffel, Giraffen, Warzenschweine ... wir bekommen sie alle zu sehen.

Und Elefanten! Mehr als 6.000 wurden bei der letzten Erhebung gezählt. Sie haben es geschafft - im Unterschied zum Spitzmaulnashorn. Das gab es hier früher in ähnlicher Zahl, doch Heerscharen von Wilderern haben es ausgerottet.
 
Am Rande des Ngorongoro-Kraters stoßen wir auf das Grab von Bernhard Grzimek und seinem Sohn Michael, der bei Dreharbeiten zu dem legendären Film "Die Serengeti darf nicht sterben" durch einen Flugzeugabsturz ums Leben gekommen ist. 

Der Ngorongoro - genau genommen kein Krater, sondern eine Caldera - hat einen Durchmesser von 17 bis 21 km und bietet über 25.000 Großsäugern Heimat, darunter Löwen, Hyänen und Leoparden.

Nicht weit entfernt liegt "die Wiege der Menschheit". Zumindest wurden hier die Überreste der ältesten uns bekannten Hominiden gefunden, des paranathropos boisei, des homo habilis und des homo erectus (allesamt etwa 2 Mio. Jahre alt).


Heute wird das Hochtal von Massai bevölkert. Die früher von der Jagd lebende Volksgruppe hat sich mittlerweile auf die Rinderzucht verlegt und auch den Tourismus als Einnahmequelle entdeckt. Kommt ein Jeep vorgefahren, wird er gleich mit einem Tanz willkommen geheißen.
 
Gegen einen (nicht ganz geringen) Obolus wird man anschließend durchs Dorf geführt. Es besteht aus etwa 12 kreisförmig angeordneten Lehmhütten, die zum Schutz vor Wildtieren von einer Dornenhecke umgeben sind.

Das Innere der Hütten ist denkbar schlicht. Eine offene Feuerstelle, etwas Kochgeschirr und zwei Schlafplätze: mehr ist darin nicht zu finden.

Auch wenn die Löwenjagd der Vergangenheit angehört, wird immer noch stolz der Kopfschmuck gezeigt, den nur derjenige tragen durfte, der einen Löwen zur Strecke gebracht hat - mit Pfeil und Bogen.

Der Höhepunkt unserer viertägigen Safari: der Serengeti National Park. Der aus der Massai-Sprache kommende Name bedeutet soviel wie "endlose Ebene" und das ist die Serengeti in der Tat: eine nicht enden wollende Savannen-Landschaft.

In dem 30.000 km² großen Schutzgebiet leben über 1,5 Mio. Säugetiere, darunter Tausende von Großkatzen. Allein 25 Löwen haben wir gesichtet - und mit jedem eine ganz eigene Geschichte erlebt.

Dieser hier zum Beispiel ist von einem Leoparden aufgeschreckt worden, der sich vor dem Angriff eines Elefantenbullen auf den Baum geflüchtet hat - nicht ahnend, dass er dort einer noch viel größeren Gefahr ausgesetzt ist. Der Löwe hat den Leoparden erst mit einem kräftigen Prankenhieb vom Baum gestoßen und ihn dann zu Tode gebissen.

Um wieviel friedlicher dagegen dieser alte Herr. Nichts scheint ihn aus der Ruhe bringen zu können. Er marschiert einfach auf uns zu und an uns vorbei. Ich hätte ihm fast in die Mähne greifen können.

Das aber habe ich dann doch lieber gelassen. Denn sonst hätte dieser Gesell seine Freude an mir gehabt.

Wenig später kreuzt eine Giraffe unseren Weg ...

... dann eine ganze Giraffenfamilie. Spätestens in diesem Moment sind die Widrigkeiten des Anfangs vergessen. Die Serengeti hat mich mit allem versöhnt. Selbst damit, dass ich es nicht mehr wie geplant bis nach Sansibar geschafft habe. Vielleicht klappt das ja bei einer nächsten Tour.

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