Flandern I




Ich habe sie eher zufällig in einer Buchhandlung entdeckt: die Karte der insgesamt 820 Kilometer langen "Vlaanderen Fietsroute". Ideal für ein paar Kurztrips zwischendurch, da sich die Tour auch gut in kleinere Häppchen aufteilen lässt. Ostern 2010 hab ich mir zunächst den westlichen Teil vorgenommen: von Kortrijk über die "killing fields" bei Ieper (Ypern) nach Veurne, am nächsten Tag dann entlang der Nordseeküste bis Brügge und schließlich nach Gent. Kilometer: 228. Höhenmeter 447.





Kortrijk besitzt wie viele flämische Städte einen wunderschönen Beginenhof. Die im Jahr 1238 errichtete Wohnanlage zählt seit 1998 zum UNESCO-Weltkulturerbe.




Der Sankt-Elisabeth-Beginenhof besteht aus 41 Gebäuden, von denen etliche im 17. Jahrhundert barockisiert worden sind. Obwohl das Wetter ziemlich nasskalt ist, strahlt der Hof eine heimelige Wärme aus.




Ich folge zunächst dem kleinen Flüsschen Leie, das auf einer Länge von 24 Kilometern die Grenze zwischen Belgien und Frankreich markiert. Immer wieder kommen mir ältere Rennradler entgegen. Ob sie noch für die berühmte "Flandern-Rundfahrt" trainieren?




Dann der erste Soldatenfriedhof. Auf den "Killing Fields of Flandres" starben im Ersten Weltkrieg mehr als 500.000 Soldaten.



In jedem noch so kleinen Ort wird der Opfer des Großen Krieges gedacht. Hier das Mahnmal von Wijtschate. Aufgrund seiner Nähe zu Ieper (Ypern) war der Ort mehrfach heftig umkämpft.



Nicht weit entfernt: der Kemmelberg (159 m). Die höchste Erhebung der Provinz Westflandern wurde während des Krieges zu einer riesigen Verteidigungsanlage ausgebaut. Heute ist der Hügel ein beliebtes Ausflugsziel und mit seinen bis zu 23 % steilen Kopfsteinpflasterwegen ein Höhepunkt des Radsportklassikers Gent - Wevelgem.




Kaum zu glauben, dass sich in dieser idyllischen Landschaft einmal Leichenberge aufgetürmt haben.



Ich fahre noch bis in den Abend hinein und erreiche gerade recht zur blauen Stunde mein erstes Etappenziel: Veurne. Der von einem reizvollen Ensemble historischer Gebäude eingefasste Grote Markt wird vom mächtigen Turm der aus dem 12. Jahrhundert stammenden Sint-Niklaaskerk überragt.




Am nächsten Morgen scheint die Sonne. Auf meinem Weg in Richtung Nordsee folge ich ein Stück der Ijzer (Yser). Der kleine Fluß war Schauplatz der legendären "Yser-Schlacht", in der sich die belgische Armee den nach Westen vordringenden deutschen Truppen erstmals erfolgreich entgegen gestellt hat.




Die belgische Nordseeküste ist nicht wirklich schön. Der 67 Kilometer lange Küstenabschnitt ist fast durchgehend mit hochgeschossigen Appartementhäusern zugebaut.



Auch nicht gerade ein ästhetisches Kleinod: die Hafenstadt Oostende. Ich starte durch in Richtung Blankenberge und erspähe bald darauf ...



... den markanten Kirchturm von Lissewege. Die von 1225 bis 1275 erbaute Backsteinkirche "Onze Lieve Vrouw" gilt als typisches Beispiel der sog. Küstengotik.



Ihr Inneres ist lichtdurchflutet und lebt von seinen ausgewogenen Proportionen.





Ein lustiges Detail: in Belgien werden Kinder nicht "getauft", sondern "In seinem Namen ..." - ja, was denn: "gedopt" oder "gedöppt"? ;-)






Weiter geht's nach Damme, der Heimat des Till Eulenspiegel. Der am Kanal "Dammse Vaart" gelegene Ort diente im Mittelalter als Vorhafen der Hansestadt Brügge.





Entlang der "Dammse Vaart" gelange ich auf direktem Wege ins Herz der Hansestadt hinein.





Eines der bekanntesten Postkartenmotive Brügges: der Rozenhoedkaai. Kirchtürme, Grachten und Bürgerhäuser verschmelzen hier zu einzigartigen Ansichten.




Ebenfalls schön anzusehen: das spätgotische "Stadhuis" (Rathaus) von Brügge.



Und natürlich hat Brügge auch einen Beginenhof. Der im Jahr 1245 gegründete "Fürstliche Beginenhof Ten Wijngaarde" wird heute von Benediktinerinnen bewohnt.




Vom beschaulichen Klosterhof zurück ins pulsierende Leben auf dem Grote Markt. Ich lasse den Tag mit ein paar "gebakken Mosselen" und einem kühlen Blonden ausklingen.



Am nächsten Morgen ist der Himmel leider wieder grau verhangen. Also fahre ich recht zügig weiter nach Gent, wo diese Tour endet. Aber es wird ja eine nächste Flandern-Etappe geben.

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