Samstag, 27. Februar 2016

Klein-Jerusalem

Nach vielen trüben und regenreichen Tagen hat sich das Wetter heute endlich mal wieder von seiner besten Seite gezeigt! Keine Wolke am Himmel, glasklare Luft, herrlicher Sonnenschein ... Nur ziemlich kühl war es noch (2 bis 5 Grad Celsius) und recht windig dazu (4 bis 5 Beaufort aus Nordost). Aber dafür gibt's ja eine entsprechende Kleidung. Also habe ich die neue Saison eröffnet: mit einer Tour nach Klein-Jerusalem!
 
Nein, ich musste dazu nicht ins Heilige Land reisen, lediglich an den Niederrhein. Denn da, ganz in der Nähe von Neersen, liegt die fromme Stätte. Erbaut im Jahr 1660, um den vom Dreißigjährigen Krieg erschütterten Menschen "die ersten und die letzten Tage des Herrn anschaulich vor die Seele zu stellen". Entsprechend findet man im unteren Geschoss des Gotteshauses eine Nachbildung der Geburtsgrotte von Betlehem und im Obergeschoss einen Nachbau des Grabes Christi, wie es in der Grabeskirche in Jerusalem bis zu einem Feuer im Jahr 1808 zu sehen war.

Ein passender Einstieg in die neue Saison, denn schon in wenigen Wochen geht es tatsächlich ins Heilige Land: nach Jordanien. Dann werde ich (so Gott will und die Luft nicht allzu staubig ist) über den Jordangraben hinweg auf "Groß-Jerusalem" blicken können. Denn ich habe vor, auf dem legendären Kings Highway von Amman nach Aqaba zu fahren. Doch dazu später mehr. Nun gilt es erst einmal wieder in Fahrt zu kommen, denn Jordanien wartet mit einigen knackigen Steigungen auf. Hoffen wir, dass das Wetter sich in den kommenden Wochen noch häufiger so herrlich präsentiert wie heute!

Sonntag, 7. Februar 2016

Wintertraining

Anfang Februar. Der Himmel ist seit Tagen grau verhangen, es ist windig und immer wieder gehen heftige Regengüsse nieder. Da vergeht selbst mir die Lust, mich aufs Rad zu schwingen. Was tun, um dennoch fit zu bleiben?

Ich habe mich zu einer Skitourenwoche angemeldet. Fünf Tage Skiwandern in den Tiroler Bergen! Als Kind und Jugendlicher bin ich häufiger Ski gefahren. Als Erwachsener dann nur noch gelegentlich mal. Auf Tourenski hab ich noch nie gestanden. Ob das gut gehen wird?

Schon am ersten Tag die erfreuliche Einsicht: man verlernt das Skifahren ebenso wenig wie das Radfahren. Schon nach wenigen Schwüngen haben meine Beine wieder drauf, was ihnen vor ewigen Zeiten mal beigebracht wurde.
 
Es ist eine "Besinnliche Skitourenwoche", zu der ich mich angemeldet habe. Ein Training nicht nur für den Leib, sondern auch für die Seele. Für Ersteres ist Peter Gleirscher zuständig. Der 48jährige Berg- und Skitourenführer aus Neustift im Stubaital führt unsere kleine Gruppe gut und sicher die Berge hinauf.

Um das Training für die Seele kümmert sich sein Vater Pepi Gleirscher. Der 80jährige (!) ist ein Original. Ob am frühen Morgen vor dem Aufstieg, in einer Pause oder am Abend bei einem Glas Bier: immer wieder beschenkt er uns mit Weisheiten, die er im Laufe seines langen Lebens als Bergführer und als Christ gewonnen hat. Zum Beispiel: "Wer seinen Oberkörper retten will, wird ihn verlieren." (vgl. Mk 8,35). Meint: man darf sich beim Skifahren (wie auch sonst im Leben) nicht ängstlich (in Richtung Hang) verbiegen, sondern muss sich ganz in die Bewegung (des Lebens) hinein geben. Dann geht's (im Leben wie beim Skifahren) leichter und man kommt heil an.

Beim Aufstieg. Wir gehen schweigend hinter einander her. So kann jeder gut bei sich selbst sein, das Fließen des Atems wahrnehmen, die Bewegungen der Füße, das Knirschen des Schnees ... Zugleich aber sind wir aufs Engste miteinander verbunden: nicht nur durch unsere Lawinensuchgeräte, sondern auch durch ein hohes Maß an Achtsamkeit: jeder gibt auf den anderen Acht. Eine schöne Erfahrung. So kommen Leib und Seele tatsächlich immer mehr in Einklang miteinander.

Dann kommt der Gipfel in den Blick. Das völlig vereiste Gipfelkreuz lässt erahnen, wie kalt und wie windig es hier oben ist. Aber die Sonne taucht alles in ein wunderbares Licht. Ein herrliches Naturschauspiel! Wir verweilen nur einen Augenblick, gönnen uns einen Gipfelschluck und genießen die Aussicht auf die umliegenden Berge der Stubaier, Ötztaler und Südtiroler Alpen. Gleich vor uns erhebt sich die mächtige Serles (2.718 m), auch der "Hochaltar von Tirol" genannt.
Ihre pyramidenförmige Spitze wird auf geradezu mystische Weise von Wolken umhüllt.

Die Finger werden kalt. Es wird Zeit, die Felle von den Skier zu ziehen und die Bindungen in den Abfahrtsmodus zu stellen. Dann beginnt der zweite Teil des Vergnügens: über 1.000 m geht es hinab - zunächst über verharschte Altschneefelder, dann zwischen Latschenkiefern hindurch und schließlich auf einer gut präparierten Piste bis hinunter ins Tal.
Am Abend fühlt es sich an, als hätte ich 100 Kilometer auf dem Rad hinter mir: die Beine sind schwer, die  Arme müde - nur der Allerwerteste ist nicht so doll belastet worden. Beim letzten Bier vor dem Schlafengehen werden schon Pläne fürs nächste Jahr geschmiedet. Wenn's mein Kalender zulässt, bin auch ich gern wieder dabei!