Österreich / Ungarn






Passau. Ausgangspunkt des berühmten Donauradwegs. Ich habe ihn  weit bevor er zur hoch frequentierten Rennstrecke für motorbetriebene Fahrräder wurde unter die Felgen genommen: im August 1992. Mit einer 16-köpfigen Jugendgruppe. 




Unsere Route: Von Passau bis Wien immer am Ufer der Donau entlang, dann über den Neusiedler See nach Ungarn hinein und schließlich - wieder dem Flusslauf folgend - über Győr und Esztergom nach Budapest. Strecke: 705 km. Höhenmeter: 3.173 m.





Eine Gruppen-Radtour ist etwas deutlich anderes als eine Tour alleine oder zu zweit. Der Auf- und Abbau des Lagers, das Kochen, Essen und Abspülen, die vielen kleinen Entscheidungen, die Tag für Tag zu treffen sind: all das braucht deutlich mehr Zeit. Dafür hat man - wenn's gut geht - aber auch jede Menge Spaß. Unser erster Lagerplatz liegt nicht weit von der Passauer Altstadt am Ufer der Ilz.


Von hier geht es erst einmal in Richtung Donau. Das Wetter ist mehr als sommerlich. Temperaturen um die 35 Grad Celsius sind auf dieser Tour keine Seltenheit. Wie gut, dass der kühle Fluss stets in der Nähe ist.






Das Ufer der Donau ist von Klöstern und Kirchen gesäumt. Hier ist es die Stiftskirche Engelszell. Das früher von Zisterziensern, heute von Trappisten bewohnte Kloster wurde bereits 1293 gegründet, die Kirche stammt in ihrer heutigen (Rokoko-) Form aus dem Jahr 1764.




Eine Tagesetappe weiter: Stift Wilhering, die "Mutter" des Stiftes Engelszell, bereits im Jahr 1164 gegründet und später ebenfalls barockisiert. Hier leben bis heute Zisterzienser. Sie betreiben ein recht angesehenes Gymnasium, in dessen Turnhalle wir kostenfrei nächtigen können.



Wir sind in Linz, der Landeshauptstadt Oberösterreichs. Mit ihren gut 200.000 Einwohnern ist sie nach Wien und Graz die drittgrößte Stadt der Alpenrepublik. Ihr Zentrum liegt direkt an der Donau, ist also für uns recht leicht erreichbar. Hier der Hauptplatz mit seiner riesigen "Dreifaltigkeitssäule" aus dem Jahr 1723.



Hinter Linz gibt der Donauradweg seine enge Bindung an das Flussufer für einige Kilometer auf. Das Thermometer erreicht auf diesem Abschnitt die Rekordmarke von 39 Grad Celsius. Und als sei das allein nicht schon schweißtreibend genug, folgt gleich darauf eine 14-prozentigen Steigung. Es geht hinauf zur ...





KZ-Gedenkstätte Mauthausen. Sie hält die Erinnerung an das größte Konzentrationslager der Nazis auf österreichischem Boden wach. Rund 100.000 Menschen sind hier ums Leben gekommen. Ein bedrückender Ort. Die nächsten Kilometer fahren wir ziemlich still nebeneinander her.





Jeder auch noch so kleine Schatten und jede noch so kurze Pause sind an diesem Tag willkommen. Im Hintergrund die hoch über der Donau aufragende Wallfahrtskirche Maria Taferl. Ein wenig müssen wir noch, denn unser Tagesziel ist  ...



der kleine Ort Melk mit seinem gewaltigen Benediktinerstift. Die zum UNESCO-Weltkulturerbe zählende Klosteranlage umfasst die älteste noch bestehende Schule Österreichs: das Melker Stiftsgymnasium, gegründet im frühen 12. Jahrhundert. Auf seinem Sportplatz dürfen wir unser Lager errichten.






Die Stiftskirche, das Wahrzeichen Melks und der hier beginnenden Wachau, gilt als eine der schönsten Barockkirchen in Österreich. Auf ihrem Giebel zwischen den beiden Türmen eine Monumentalstatue des auferstandenen Christus, flankiert von zwei Engeln.

Die Wachau, der rund 40 km lange Donauabschnitt zwischen Melk und Krems, ist die Königsetappe dieser Tour. Sowohl in landschaftlicher, als auch in kultureller Hinsicht. Also nehmen wir uns ganz viel Zeit auch für den einen oder anderen Abstecher.

Hier haben wir gerade die Burgruine Hinterhaus erklommen, eine nahezu tausend Jahre alte Wehranlage, die den pittoresken Weinort Spitz überragt. In den Weinbergen, die im Vordergrund zu sehen sind, hat die Rebsorte "Riesling" ihren Ursprung. Heute wird hier außerdem ein ganz hervorragender "Grüner Veltliner" angebaut. Und für ihren Marillenlikör ist die Wachau natürlich bekannt.

In jedem Ort gibt es "Heurige", urgemütliche Hofschenken, in denen die Winzer und Obstbauer ihre "heurigen" Erzeugnisse für eine gewisse Zeit selbst ausschenken dürfen. Wir müssen sehr an uns halten, um nicht fahruntüchtig zu werden.

Ein Heuriger in Weißenkirchen, einer in Dürnstein, und wir haben die Stadt Krems erreicht. Ihre Altstadt gehört ebenso wie das Stift Melk am anderen Ende der Wachau zum UNESCO-Weltkulturerbe. Wir schlendern eine ganze Weile durch ihre engen Gassen und steuern dann einen Ruderclub an, bei dem wir unsere Zelte aufstellen dürfen.




Trotz des ein oder anderen Grünen Veltliners am Vorabend beginnt ein Teil der Gruppe den neuen Tag mit einem schweißtreibenden Anstieg zum ganz in der Nähe von Krems gelegenen Stift Göttweig. Die im Jahr 1083 gegründete Benediktinerabtei wird auch das Montecassino Österreichs genannt, weil es sich ähnlich wie die italienische Erzabtei imposant über dem Tal erhebt.





Und das ist der Lohn der morgendlichen Mühe: eine herrliche Aussicht auf die Ausläufer der Wachau, auf Krems (hinten in der Mitte) und auf das sich nun wieder weitende Donautal. Der Rest der Gruppe hat inzwischen das Lager abgebaut, so dass wir gemeinsam weiterfahren können.

Gerade mal 70 km trennen uns noch von Wien, eine gute Tagesetappe. Um die Kosten gering zu halten, haben wir uns für zwei Nächte im Jugendheim einer Wiener Vorstadtgemeinde einquartiert.

Von hier schwärmen wir am nächsten Tag aus: Stephansdom, Hofburg, Spanische Hofreit-schule, Heldenplatz, Rathaus, Parlament, Karlskirche, Wiener Staatsoper, das Naturhistorische Museum, die Kapuzinerkirche mit der Kaisergruft und zum krönenden Abschluss der Prater mit seinem Riesenrad und vielen anderen Fahrgeschäften. Das ganz normale Touri-Programm halt.

Am zweiten Tag noch das Josefinum, die medizinhistorische Sammlung der Uni Wien, das Schloss Belvedere mit seiner eindrucksvollen Kunstsammlung und last but not least der Zentralfriedhof, auf dem ob seiner Größe Linienbusse verkehren und der mit seinen 2,5 Millionen Grabstätten mehr "Einwohner" hat als die gesamte Stadt Wien.

Mit etwas Glück ergattern wir noch ein paar Karten für eine Open-Air-Aufführung des "Don Giovanni" im Garten von Schloss Schönbrunn. Ein wunderbarer Abend und ein schöner Abschluss unserer zweitägigen Wien-Erkundung. Dann aber wollen wir auch wieder aufs Rad.




Wir lassen die Donau für zwei Tage im wahrsten Sinne des Wortes links liegen und fahren in Richtung Neusiedler See.  Ein Teil des Sees liegt bereits auf ungarischem Staatsgebiet. 




Die ersten Ziehbrunnen tauchen auf. Sie gehören zu Ungarn wie das Gulasch und die Paprika. Die ungarische Puszta ist eine Trockensteppe, da muss man tief nach Wasser graben.



Unser nächster Lagerplatz: der Pfarrgarten von Mosonmagyaróvár. Der Pfarrer stellt uns einen Garten-schlauch zu Verfügung, der uns erst als Dusche und dann als Trinkwasserquelle dient. Alles andere hat unser Begleitfahrzeug schon herbei geschafft.



Kurz hinter Győr erreichen wir wieder die Donau. Sie bildet hier auf einer Länge von 172 km die natürliche Grenze zur Slowakei. In der Zeit des Kalten Krieges war sie so gut wie unpassierbar. Davon zeugt noch die Donaubrücke bei Esztergom. Nach ihrer Sprengung durch deutsche Truppen am 26. Dezember 1944 dauerte es aufgrund der schlechten Beziehungen zwischen Ungarn und der Tschechoslowakei (später der Slowakei) mehr als 60 Jahre bis zu ihrer Rekonstruktion und Wiedereröffnung am 11. Oktober 2001.




Esztergom, eine der ältesten Städte Ungarns. Seit mehr als tausend Jahren ist sie Sitz eines katholischen Erzbischofs. Seine Kathedrale ist die größte Kirche Ungarns und eine der größten Kirchen der Welt. Imposant überragt sie die alte Stadtmauer und das Donauufer. Von hier ist es nicht mehr weit bis zum sog. "Donauknie".







Der Fluss bahnt sich hier seinen Weg mit einem beinahe rechtwinkligen Knick durch das Visegráder Gebirge. Zwei der beliebtesten Urlaubsorte Ungarns befinden sich hier: Visegrád und Szentendre. Noch eine Etappe, und wir haben unser Ziel erreicht.




Budapest. Im Vordergrund der recht hügelige Stadtbezirk Buda, im Hintergrund das ehemals eigenständige Pest, heute durch mehrere Brücken miteinander verbunden. Die schönste von ihnen ist ohne Zweifel die berühmte "Kettenbrücke". Da ich die Stadt bereits im Jahr zuvor recht ausführlich besichtigt habe ...



... steuere ich mit einigen anderen zuerst das Gellért-Bad an, ein 1918 im Jugendstil erbautes Thermalbad. Das mineralstoffreiche Wasser tut unseren müden Knochen gut und macht uns fit für weitere Erkundungen.




Ein letzter Blick auf die Kettenbrücke und die hell erleuchtete Matthiaskirche auf dem Burgberg. Dann ist auch diese Reise zu Ende. Zwei platte Reifen, ein gestauchtes Handgelenk und ein aufgeschrammtes Knie: keine ganz schlechte Bilanz für eine zweiwöchige Radtour mit 16 Jugendlichen. Die vielen schönen Momente dieser Tour lassen sich dagegen auch mit der größten Mühe nicht  zählen.

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