USA New England


Die Neuenglandstaaten im Nordosten der USA muss man im "Indian Summer" erkunden: wenn die Wälder in den herrlichsten Farben leuchten, der Himmel blau ist, die Luft glasklar, die Nächte schon kalt sind, aber die Tage noch warm.



Meine Tour im Oktober 2013 führte mich durch die vier Bundestaaten New York, Vermont, New Hampshire und Massachusetts: von New York City den Hudson hinauf bis Albany, durch die Adirondack Mountains nach Lake Placid, über den Lake Champlain nach Montpelier und durch die Green Mountains bis hin nach Boston. Strecke mit dem Rad: 1.246 km. Höhenmeter: 12.447 m.

Der Grund dafür, dass ich den Indian Summer, der jedes Jahr zu einer etwas anderen Zeit beginnt, auf den Punkt genau getroffen habe, war mein Freund Peter Mushi. Er arbeitet als Pfarrer in East Harlem und hat mich zu seinem Silbernen Priesterjubläum eingeladen.

Bevor's aufs Rad geht, wird also erst mal gefeiert: mit viel Soul und Groove, wie's in einer afroamerikanischen Kirchengemeinde üblich ist.

East Harlem ist für einen Pfarrer kein einfaches Pflaster. Das Nebeneinander von Afroamerikanern und Latinos führt oft zu Spannungen. Viele sind arbeitslos und nicht sozialversichert. In manchen Familien herrscht die blanke Armut. Peters Gemeinde betreibt deshalb eine Armenküche, eine Kleiderkammer, eine Sozialberatung und eine Anlaufstelle für Menschen, die an AIDS erkrankt sind.

Und das ist die andere Seite New Yorks: der atemberaubend schöne Blick vom Dach des Rockefeller Centers auf Manhatten mit dem altehrwürdigen Empire State Building im Vordergrund und dem nagelneuen Freedom Tower im Hintergrund.

Wie gut, dass da eine Glasscheibe vor mir ist ...

Noch eine Spur schöner wird's bei Nacht, wenn der Times Square in den buntesten Farben leuchtet ...

... und der "Naked Cowboy" - mittlerweile eine Institution in New York - ebendort auf der Gitarre zu spielen beginnt.

Genug des Sightseeings: es geht aufs Rad! - Aus der Megastadt herauszufinden, ist viel leichter als man denkt: man folgt einfach einem Radweg am Ufer des Hudson ...

... und befindet sich schon nach wenigen Kilometern im ruhigen New Yorker Hinterland. Ich folge dem Lauf des Hudson Rivers über eine Strecke von knapp 300 km.

Seine Ufer sind gesäumt von Präsidenten- und Industriellenvillen wie dem "Vanderbilt Mansion", das nicht nur baulich, sondern auch durch seine Lage sehr an die "Villa Hügel" der Familie Krupp in Essen erinnert.

Die schmucke Kleinstadt Hudson. Wie der Fluß ist auch sie nach dem 1556 in London geborenen Seefahrer und Forscher Henry Hudson benannt.

Albany, die Hauptstadt des Bundesstaates New York. Im Hintergrund das "State House", im Vordergrund die "Empire State Plaza" mit dem eigenwilligen Museumsbau "The Egg".

Es geht in die Adirondack Mountains hinein, das größte Naturreservat der USA außerhalb Alaskas.

Ein schier endloses Waldgebiet mit Erhebungen bis zu 1.629 m (Mount Marcy) ...

... und über 3.000 glasklaren Seen, an deren Ufern sich wunderbar Pausen einlegen lassen.

Der Indian Summer nimmt nun richtig Fahrt auf. Die Blätter der verschiedenen Laubbäume leuchten förmlich miteinander um die Wette. Von einem dunklen Purpur über Zinnoberrot, Gold und Kupfer bis hin zu einem satten Orange und Gelb sind alle Farbtöne vertreten.

Lake Placid: der Austragungsort der Olympischen Winterspiele von 1932 und 1980 - heute ein mondäner Golf- und Wintersportort.

Der 180 km lange und bis zu 19 km breite Lake Champlain markierte einst die Grenze zwischen dem Stammesgebiet der Irokesen und der Algonkin. Ich verlasse hier den Bundesstaat New York und setze über nach Vermont.

Hier bereitet man sich schon auf Halloween vor. Dieser freundliche Herr - er heißt Paul - stellt gerade einen letzten Grabstein in seinem Vorgarten auf. Böse Nachbarn hätten gefrotzelt, er sähe dem Untoten im Hintergrund ziemlich ähnlich ... ;-)

Paul ist nicht der einzige Halloween-Verrückte in Vermont. Auch hier scheint man sich schon auf die Nacht vom 31. Oktober auf den 1. November zu freuen.

Vermont, das ist die Heimat des Ahorn-Sirups ...

... und der "Ben & Jerry's"-Eiscreme. Der Ort, an dem die Erfolgsgeschichte der beiden Studenten Ben Cohen und Jerry Greenfield begann, die 1977 aus Langeweile einen Kurs über die Herstellung von Speiseeis belegten, zieht heute Heerscharen von Touristen an.

Ich folge dem landschaftlich schönen Green Mountain Byway gen Süden ...

... natürlich nicht ohne den Mount Mansfield (1.339 m) zu besteigen, die höchste Erhebung der Green Mountains, ...

... und ein Stück dem "Long Trail" zu folgen, dem Herzstück des berühmten "Appalachian Trails", der von Maine bis Georgia durch insgesamt 14 us-amerikanische Bundesstaaten führt.

Am Abend gibt's dann das passende Bier dazu: "den Altbieren von Düsseldorf nachempfunden". So schlecht hat's denn aber auch nicht geschmeckt. ;-)

Gerade im Bundesstaat New Hampshire angekommen, reißt mich ein Tornado fast vom Rad. Nur 50 Meter weiter, und ich hätte unter diesen Strommasten gelegen. So komme ich mit ein paar angerissenen Nähten und einem gehörigen Schrecken davon.

Für gerade mal einen Tag schlägt das Wetter ins Nasskalte um ...

... dann ist der Indian Summer wieder da. Noch zwei Tage durch Massachusetts, und ich habe das Ziel meiner Reise erreicht: das "Boston College", die renommierte Jesuiten-Hochschule, die mich für ein paar Tage als Gast aufnimmt.

Das Herz von Boston: das "Old State House", vor dem am 5. März 1770 die Amerikanische Revolution begann (mit dem "Boston Massacre") und von dessen Ost-Balkon am 18. Juli 1778 die "Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten von Amerika" verlesen wurde.

Ein letzter Blick auf "Boston by Night" - und schon wieder ist eine wunderbare Radreise an ihrem Ende.

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