Kuba







Kuba: das ist Karibik, afro-amerikanische Kultur, Sozialismus, Salsa, Rumba, Son, Oldtimer, Zigarren, Rum ... und der immer noch hoch verehrte Commandante Che. Ich war im Februar 2017 im Zentrum und im Westen der Karibik-Insel unterwegs.



Meine Route: von der "Che-Guevara-Stadt" Santa Clara in einem großen Bogen nach Trinidad und zur Schweinebucht; durch flaches Sumpfland und nicht enden wollende Zuckerrohrplantagen nach Havanna; und schließlich in den landschaftlich wesentlich reizvolleren Westen der Insel mit Viñales und Pinar del Rio, den Zentren des kubanischen Tabakanbaus. Kilometer: 1.036. Höhenmeter: 6.784.


Santa Clara ist die Stadt des Commandante Che. Hier hat er im Dezember 1958 der Revolution zum Durchbruch verholfen, hier liegen seine sterblichen Überreste und hier hat man ihm ein monumentales Denkmal errichtet, zu dem immer noch Jahr für Jahr Hunderttausende von Menschen pilgern.


Meine erste Unterkunft. In Kuba sollte man die überteuerten staatlichen Hotels mit ihrem meist unmotivierten Personal vermeiden und in den sog. "Casas particulares" absteigen. Das sind Privatunterkünfte, die Einblicke in den Lebensalltag der Kubaner gewähren und in der Regel auch ein ganz ordentliches Abendessen und Frühstück anbieten. Nicht ganz unwichtig, denn ...




... ansonsten ist eine solche "Pizza" schon ein kulinarisches Highlight in Kuba. Die durch das us-amerikanische Wirtschaftsembargo, aber auch durch die eigene sozialistische Misswirtschaft verursachten Versorgungsengpässe werden vor allem auf dem Teller sichtbar. Mitunter habe ich regelrecht Not, etwas Ordentliches in den Magen zu bekommen.


Mein erstes Etappenziel ist Remedios, eine angenehm ruhige Kolonialstadt, die noch nicht vom stark zunehmenden (Pauschal-)Tourismus überschwemmt worden ist. Auf der kaum befahrenen Straße dorthin kommen mir immer wieder wunderschöne Oldtimer entgegen.



Eine Metzgerei. Fleisch und Wurst sind gerade nicht verfügbar. Da kann man die Auslage auch gut für Memorabilia der Revolution verwenden. Auf den drei Fotos links: Camilo Cienfuegos, Fidel Castro und Che Guevara - die "Hand", das "Herz" und der "Kopf" der Revolution.



"Komitee zur Verteidigung der Revolution". Es gibt sie in jedem Dorf und in jedem Stadtteil. Sie wachen mit Argusaugen darüber, ob auch alle Genossinnen und Genossen systemkonform leben. Die Stasi lässt grüßen. Die meisten Kubaner haben allerdings über die Jahre gelernt, was sie öffentlich sagen und tun dürfen. Was sie sich tatsächlich für ihr Land und ihr eigenes Leben erhoffen, ist damit nur noch in den wenigsten Fällen deckungsgleich.



Die Straßen bleiben leer und es wird landschaftlich schöner. Ich fahre durch das "Valle de los Ingenios" (Das Tal der Zuckermühlen). In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts pulsierte hier das Herz der kubanischen Zuckerindustrie. In mehr als 50 Mühlen wurde Zuckerrohr ausgepresst.



Möglich war das nur durch den Einsatz von Sklaven, die bei der Zuckerrohrernte von solchen Türmen aus überwacht wurden. Versuchte einer von ihnen zu fliehen, konnte so schnell die Hatz auf ihn eingeleitet werden.  Der "Rancheadero" (Sklavenjäger) war damals ein eigener Berufsstand. Eines der bittersten Kapitel der kubanischen Geschichte ...


Ich bin in Trinidad. Dank immenser Unterstützung seitens der UNESCO eine wie aus dem Ei gepellte Kolonialstadt, die nur leider dem stark wachsenden Tourismus kaum mehr standzuhalten vermag. Unterkünfte sind nur noch schwer zu bekommen, vor den Restaurants bilden sich abends lange Schlangen.


Um die Plaza Mayor so menschenleer zu sehen, muss man gleich nach Sonnenaufgang dort sein. Bereits um 9:00 Uhr rollen die ersten Reisebusse an.




Zum Glück lassen sich Kubaner nicht so schnell aus der Ruhe bringen ...



Von Trinidad aus folge ich der Karibik-Küste gen Westen. Hier gemeinsam mit zwei Radlern aus England.



Es geht vorbei an wunderschönen Schnorchel-Revieren ...



... aber auch an historisch bedeutsamen Orten. Hier, in Girón, wurde am 17. April 1961 die berühmte "Schweinebucht-Invasion" niedergeschlagen. Der von den USA organisierte Einmarsch einer 1.200 Mann starken Brigade von Exilkubanern hatte sich schon nach drei Tagen zu einem Fiasko entwickelt: "Die erste große Niederlage des Imperialismus in Lateinamerika".



Was die Invasion neben der hoch motivierten und gut organisierten Revolutionsarmee auch schwierig gemacht hat: die gesamte Schweinebucht ist von einem Sumpfgebiet umgeben, in dem diese freundlichen Gesellen zuhause sind.



Auf das Sumpfgebiet folgen die endlosen Plantagen Zentralkubas. Hier eine mit dem schönen Namen "Vladimir Ilich Lenin". Ganz so üppig wie auf dem Bild sah das Grün auf der Plantage allerdings nicht aus. Denn auch in der Landwirtschaft mangelt es an vielem.



Karibik-Sozialismus in Höchstform: in den siebziger Jahren haben Arbeiter-Brigaden am Stadtrand Havannas Plattenbau-Siedlungen nach sowjetischem Vorbild hochgezogen. Schnell weg und weiter in Richtung Westen!





Die Hauptstadt bewahre ich mir fürs Ende auf. Hier bin ich bereits auf dem Weg nach Viñales. Das Landschaftsbild wird von sog. "Mogotes" geprägt. Das sind bis zu 400 Meter hohe Kegelfelsen, die nach dem Zusammensturz riesiger Höhlensysteme übrig geblieben sind.



In Viñales werden die Äcker noch von Ochsen bestellt. Überhaupt ticken die Uhren hier, fernab der Hauptstadt, noch sehr viel langsamer.



In Viñales wächst der beste Tabak der Welt. Von Januar bis März ist Erntezeit.



Die mit der Hand gepflückten Tabakblätter werden in sog. "Secaderos" (Trockenscheunen) nach einem ausgeklügelten System getrocknet. Je nach Witterung und Trocknungsgrad werden die Blätter mal höher und mal tiefer gehängt.



Und dann ist wieder Handarbeit gefordert. So wird jedes einzelne Blatt sorgsam von seiner Zentralrippe befreit, denn sie enthält 90 Prozent des Nikotins.




Eine Zigarre wird aus fünf verschiedenen Blattsorten gemacht. Drei sind für den Geschmack verantwortlich: "Seco" für das allgemeine Aroma, "Ligero" für die besondere Note und "Volado" für den Durchzug und die Brennfähigkeit. Diese "Einlage" wird von einem Stabilisierungsblatt ("Capote") umspannt und in einer Hohlform zurechtgepresst. Zu guter Letzt sorgt das makellose Deckblatt ("Capa") für eine samtige Oberfläche.








Insgesamt sind von der Aussaat bis zur fertigen Zigarre mehr als 160 manuelle Arbeitsschritte erforderlich. Für den hohen Preis der "Cohiba", "Montechristo" und "Romeo y Julieta" sind allerdings vor allem der Staat und seine Steuern verantwortlich. Nur 10 Prozent seiner Produktion darf ein Tabakbauer selbst verkaufen, den Rest hat er zu einem äußerst niedrigen Festpreis an den Staat abzugeben, der ihn dann in harte Devisen umsetzt.









Mit ein paar wohlriechenden Zigarren im Gepäck verlasse ich das schöne Viñales in Richtung Pinar del Rio ...

... wo bereits der Karneval Fahrt aufnimmt. Für mich das Signal, dass meine Reise allmählich zuende geht, denn am Aschermittwoch muss ich wieder arbeiten. Ich fahre mit dem Bus nach Havanna.



Die Altstadt Havannas wird von einer originalgetreuen Nachbildung des Washingtoner Kapitols überragt. Ein Relikt aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, als Kuba noch unter us-amerikanischem Einfluss stand. Das Bauwerk wird seit Jahren renoviert. Ist es einmal fertig, soll es (wieder) das kubanische Parlament beherbergen.











Auf den Straßen Havannas geht es ausgesprochen gemächlich zu. Selbst auf dem "Paseo del Prado", Havannas kolonialer Flaniermeile, sind die Lücken zwischen den Autos so groß, dass man in Ruhe von einer Seite zur anderen wechseln kann.


Einer der schönsten Plätze Havannas ist der "Parque Central". In der Mitte eine Statue des kubanischen Nationaldichters José Martí, im Hintergrund das "Gran Teatro García Lorca", das mit 2.000 Plätzen zu den größten Theatern der Welt zählt und - der UNESCO sei abermals Dank - mittlerweile hervorragend restauriert ist.


Der eigentliche Schatz Havannas aber sind die Musiker. In nahezu jeder Straße sitzen sie. Überall wird gesungen und getanzt. Dabei wundert man sich als mehr oder weniger steif gebauter Europäer, zu welch eleganten Bewegungen der menschliche Körper fähig ist.



Ein Besuch noch auf dem nach Christoph Kolumbus benannten "Cemeterio de Colón", dann geht es wieder heim nach Deutschland. - Wann wohl der Karibik-Sozialismus hier begraben sein wird und die Menschen sich wieder frei entfalten können ...?

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