Picardie / Pas de Calais




Zu den Schlachtfeldern an der Somme und an die Côte d’Opale führt mich diese kleine fünftägige Ausfahrt im April 2019. Ich starte in Arras, fahre zunächst nach Calais, folge dann der Opalküste bis zur Baie de Somme und steuere schließlich die großen Gedenkstätten des Ersten Weltkriegs an. Kilometer: 376. Höhenmeter: 2.663.




Los geht's in Arras, der Hauptstadt des Pas de Calais. Ihr gotisches Rathaus wird von einem mächtigen "Belfried" (Glockenturm) überragt, der für diese Region so typisch ist.





Schon nach wenigen Kilometern stoße ich auf den ersten Soldatenfriedhof. 44.833 deutsche Soldaten haben hier nach dem Ersten Weltkrieg ihre letzte Ruhestätte gefunden. Und das ist erst der Anfang des Grauens.




Ein Friedhof reiht sich an den anderen: Franzosen, Briten, Aliierte ... Auf dem Hügel im Hintergrund die "Nécropole nationale de Notre-Dame-de-Lorette", der zentrale Erinnerungsort. Von 1914 bis 1918 verlief zwischen Arras und Lens jener Teil der Westfront, an der die verlustreichsten Schlachten des Krieges stattgefunden haben. Über eine Million Menschen haben allein hier ihr Leben gelassen.



Radwege gibt es in dieser Region so gut wie keine. Ich folge im wesentlichen den schnurgeraden Überlandstraßen, über die einmal im Jahr auch das Peloton der legendären "Tour Paris-Roubaix" hinwegrollt.





Die Landschaft ist leicht hügelig und der Wind weht - wie sollte es auch anders sein - von vorn.






Einfahrt nach Calais. Schon von weitem ist auch hier der Belfried zu sehen. Calais verfügt über ein besonders markantes Exemplar.




Obwohl es etwas diesig ist, sind die "White Cliffs of Dover" gut zu erkennen. Der Ärmelkanal, der Großbritannien vom europäischen Festland trennt, ist zwischen Calais und Dover nur knapp 30 km breit.




Dann geht es bergauf. Zunächst zum 120 m hohen Cap Blanc-Nez.




Von hier kann man schön den regen Schiffsverkehr auf dem Ärmelkanal beobachten.



Kurz bergab und gleich wieder hinauf: zum ebenfalls 120 m hohen Cap Gris-Nez. Hier sind noch eine ganze Reihe deutscher Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg zu sehen, Teil der berühmten "Mur d'Atlantique", des Antlantikwalls.




Ein Wandgemälde in Boulogne-sur-Mer. Ob Regen oder Hitze das Rad zerfließen lässt? Ich bekomme es zum Glück nur mit ein paar dunklen Wolken zu tun ...




… die sich schon ein paar Stunden später wieder verziehen. Ich habe die Baie de Somme erreicht. Hier liegt eines der größten Vogelschutzreservate Europas, der "Parc ornithologique du Marquenterre".





Auch wenn viele Zugvögel bereits auf der Reise sind, lassen sich bei denen, die noch nicht soweit sind, ganz wunderbare Szenen beobachten.




Nur ein paar Kilometer weiter liegt der kleine Fischerort Le Crotoy mit einem ganz hervorragenden Restaurant, das man an einem so abgelegenen Ort gar nicht vermuten würde: die "Auberge De la Marine". Geheimtipp!!



Gut gestärkt verlasse ich den kleinen Ort, der sich auch bei Tageslicht sehen lassen kann.







Entlang der Somme geht es nach Amiens. Dort liegen gleich neben dem Fluss "Les Hortillonnages", die "schwimmenden Gärten". Ein bewirtschaftetes Sumpfgebiet, dessen Wasserwege insgesamt eine Länge von 55 km erreichen.



In der Stadt selbst beeindruckt die Cathédrale Notre-Dame, die größte aller französischen Kathedralen.




Nur 20 km von Amiens entfernt, ein nächster eindrucksvoller Kirchenbau: die Abbaye de Corbie. Das klingt irgendwie bekannt? Genau: Corvey! Das bei Höxter an der Weser gelegene Weltkulturerbe-Kloster wurde im 9. Jahrhundert von hier aus gegründet - als Corbeia nova (Neu-Corbie).



Von hier an folge ich der "Véloroute de la mémoire", die die wichtigsten Gedenkstätten und Friedhöfe des Ersten Weltkriegs miteinander verbindet. In jedem noch so kleinen Dorf erinnert eine Stele an die Gefallenen aus den eigenen Reihen.



Größter Ort auf der Route ist Albert. Der in der Bildmitte zu sehende Turm der Wallfahrtskirche Notre-Dame-de-Brebières wurde im Januar 1915 von deutscher Artillerie getroffen, so dass die riesige Marienstatue waagerecht an ihrer Verankerung hing. "Wenn die Jungfrau fällt, ist der Krieg vorbei." sagte man damals. Vier qualvolle Jahre sollte es noch dauern.



Welche Kraft die damaligen Waffensysteme bereits hatten, lässt sich am sog. "Lochnagard-Krater" ablesen. Eine einzige Granate hat ihn geschaffen: 21 Meter tief, Durchmesser 91 Meter. Bis zu 1.200 Meter soll die Erde in die Luft geschleudert worden sein.




Und dann wieder: Gräber, Gräber, Gräber ...




Besonders eindrucksvoll ist das "Newfoundland Memorial". Es erinnert an die gefallenen Soldaten aus Neufundland, die damals an der Seite der Briten kämpften. Im Vordergrund sind noch die Schützengräben zu sehen, in denen sie sich verschanzt hatten.



Last but not least: Thiepval. Die wichtigste britische Gedenkstätte in Frankreich. Die roten Mohnblumen aus Papier, die sog. "Rememberance Poppies", sind das Zeichen der Erinnerung und des Gedenkens geworden. - Die letzten Kilometer dieser Tour absolviere ich recht still und in mich gekehrt.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen